Philipp von Zesen und Priorau
Wenn uns jemand so schöne Eindeutschungen wie “Augenblick” (Moment) und “Mundart” (Dialekt) beschert und sich so schöne Worte wie “Meuchelpuffer“* für Pistole und “Jungfernzwinger” für Kloster einfallen lässt, dann sollte man ihn nicht vergessen, auch wenn er schon über 300 Jahre tot ist. Die Rede ist von Philipp von Zesen. Geboren wurde er 1619 in dem zwischen Dessau und Raguhn gelegenen Örtchen Priorau. Der Bürgermeister, den ich anrufe, um zu erfahren, ob es dort etwas zur Person zu sehen gibt, ist zuerst ein wenig misstrauisch, als ich sage, dass ich ihn morgen besuchen käme, erklärt mir dann aber - ungefragt - eine Menge. Nein, es gebe hier eigentlich nur zwei Gedenktafeln - eine an Zesens Geburtsstätte (“Es ist die Geburtsstätte, nicht das Geburtshaus. Das ist abgebrannt.”) und eine auf dem Philipp-von-Zesen-Gedenkweg. Dieser wurde im November 1989 anlässlich seines 300. Todestages eingeweiht. Anderswo gehen die Grenzen auf, denke ich, und hier weiht man einen Gedenkweg ein - das ist schon komisch. Der Weg erweist sich dann eigentlich als Mogelpackung. Er führt von Raguhn bis kurz vor Dessau, am Rande der Muldeaue entlang, ist recht hübsch, ja, aber von dem, dessen gedacht wird, nur eine klitzekleine Spur:

* Merkwürdigerweise akzeptiert sogar die Rechtschreibprüfung meines Rechners dieses Wort.
Die Geburtstätte: Das Haus liegt in einer “Schlippe“, wie ich erfahre. Ansonsten wissen auch die Einwohner Prioraus nicht viel von ihrem berühmtesten Sohn. Nun, das kenne ich, das geht mir auch nicht viel anders. Jedenfalls weiß ich jetzt, was eine “Schlippe” ist: ein enger Durchgang. Überhaupt die Mundart: Man sagt hier “Pooch” und “Gootsche”, wenn man “Pouch” und “Goitzsche” meint und ist überhaupt ziemlich lässig mit der deutschen Sprache. Kein Wunder, so kurz vor Sachsen. “Das daderzu” heißt es, wenn eine Erklärung abgeschlossen ist. Aber ein freundlicher, auskunftsbereiter Menschenschlag ist es auf jeden Fall. Das zuallererschte Mal daderzu.


* Merkwürdigerweise akzeptiert sogar die Rechtschreibprüfung meines Rechners dieses Wort.
Die Geburtstätte: Das Haus liegt in einer “Schlippe“, wie ich erfahre. Ansonsten wissen auch die Einwohner Prioraus nicht viel von ihrem berühmtesten Sohn. Nun, das kenne ich, das geht mir auch nicht viel anders. Jedenfalls weiß ich jetzt, was eine “Schlippe” ist: ein enger Durchgang. Überhaupt die Mundart: Man sagt hier “Pooch” und “Gootsche”, wenn man “Pouch” und “Goitzsche” meint und ist überhaupt ziemlich lässig mit der deutschen Sprache. Kein Wunder, so kurz vor Sachsen. “Das daderzu” heißt es, wenn eine Erklärung abgeschlossen ist. Aber ein freundlicher, auskunftsbereiter Menschenschlag ist es auf jeden Fall. Das zuallererschte Mal daderzu.

Jan Frehse - 14. Aug, 09:32